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Frontex schaut dem Sterben im Mittelmeer zu

Von Malek Ossi, WTM Alarmphone

Watch the Med Alarmphone ist ein transnationales Netzwerk. Wir betreiben eine Telefonhotline für Migrant:innen in Seenot. Unsere Forderungen: Bewegungsfreiheit für alle – die Realität: immer mehr Zäune, Mauern und Militarisierung. Immer mehr Überwachung und zweifelhafte Kooperationen. Das Resultat: Normalisierung von gewalttätigen Push- und Pullbacks und sogenannten «Left-to-die-Booten». Frontex ist eine treibende Kraft hinter dieser Entwicklung. Deshalb muss der personelle Ausbau und die Finanzierung von Frontex gestoppt werden – die Schweiz darf nicht Komplizin sein in dieser tödlichen Politik.

Zentrales Mittelmeer: Zusammen mit anderen NGOs hat das Alarm Phone den Bericht «Remote Control» verfasst. Der Bericht beleuchtet die Zusammenarbeit zwischen der EU und Libyen beim massenhaften Abfangen von migrantischen Booten im zentralen Mittelmeer. Ein entscheidender Akteur in dieser Entwicklung ist Frontex. Die aktuelle Frontex-Mission in der Region trägt den Namen Thermis. Auch bei dieser Frontex-Operation ist es aufgrund mangelnder Transparenz und Rechenschaftspflicht für NGO und Organisationen der Zivilgesellschaft schwierig, die operativen Besonderheiten zu verstehen. Bekannt ist lediglich, dass die Operation in erster Linie das Ziel hat, die EU-Aussengrenze zu überwachen. Rettungsmissionen, also genau das was nötig und gefordert wäre, um das Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden, hat trotz Multimillionenbudget kaum Platz: Der Zuständigkeitsbereich von Frontex ist strikt auf 24 Seemeilen vor den europäischen Küsten begrenzt. Frontex-Schiffe greifen nur selten ein, um Migrant:innen in Not im zentralen Mittelmeer zu helfen. Nötig wäre das, denn über 1500 Menschen sind alleine in diesem Jahr auf dieser Route ertrunken.

Die Grenzpatrouillen von Frontex beschränken sich weitgehend auf Überwachungsaktivitäten, die von den Lufteinheiten der Agentur, also kleinen Flugzeugen und militärischen Drohnen, durchgeführt werden. Der Einsatz von Drohnen und Flugzeugen für die Grenzpatrouille im zentralen Mittelmeer ermöglicht es Frontex, Kenntnisse über die Anwesenheit von Booten in Seenot und deren Positionen zu erlangen, ohne aber Rettungsaktionen durchführen zu müssen. In der Praxis informiert Frontex dabei oft nur die sogenannte libysche Küstenwache und fordert sie zum Eingreifen auf – selbst wenn NGO-Schiffe oder andere Schiffe schneller und angemessener helfen könnten. Das führt dazu, dass tausende Menschen nach Libyen zurückgebracht wurden – zurück in Camps, Gewalt und einem kompletten Mangel an Grundrechten. Doch diese Praxis führt nicht nur zu gewalttätigen Pull- oder Pushbacks, sondern auch zu einem Anstieg von Left-To-Die-Booten. Immer wieder ertrinken ganze Boote vor den Augen von Frontex-Lufteinheiten – so zum Beispiel im April 2021, also 130 Menschen ertranken.

Ein ähnliches Bild in der Türkei: auch dort ist Frontex an der brutalen Abschottungspolitik beteiligt. Die griechische Küstenwache hat dort in den letzten Jahren ein brutales, zuweilen tödliches Pushback-Regime geschaffen – alle dürften die Videos, Fotos und übrigen Berichte seit März 2020 in Erinnerung haben. Und auch da ist Frontex mittendrin: Diese Entwicklung findet unter den Augen und teilweise sogar unter Mithilfe von Frontex statt. Immer wieder berichten Betroffene dem Alarm Phone von Frontex-Beteiligung bei illegalen Pushbacks auf dem Wasser und an Land. Zuletzt im September 2021.

Auch die Schweiz ist in dieser Region aktiv – und damit Teil dieser Politik, die mehr und mehr ein effektiver Krieg gegen Migration ist. Dagegen und FÜR Bewegungsfreiheit setzen wir uns als Alarm Phone ein. Nicht nur durch unsere Telefonhotline, sondern auch mit diesem Referendum. Wir brauchen Fähren statt Frontex – wir brauchen sichere Fluchtwege anstatt militarisierte Grenzen.